Bergung "Dampfschiff Säntis" vor dem aus?

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Bergung "Dampfschiff Säntis" vor dem aus?

Bergung Saentis aus
27.05.2024 - «Das Geld geht aus, die Zeit rennt davon»: Das sagt Silvan Paganini zur gescheiterten Dampfschiffbergung im Bodensee.

Die Bergung des Dampfschiffs Säntis ist am Sonntagmittag missglückt. Bei den Bergungsarbeiten kam es zu einem Zwischenfall. Silvan Paganini ordnet den Rückzug an.

Raphael Rohner, TZ
Bild: Das Stahlseil, an dem die Bergeplattform hing, macht Reissaus. ©BLICK TV

Silvan Paganini weint.
Das Jahrhundertprojekt – sein Lebensprojekt – ist gescheitert: die Bergung des 1933 versenkten Dampfschiffes Säntis aus dem Bodensee. Die Bergecrew ist gerade damit beschäftigt, die Bergeplattform mit den Hebesäcken zum Wrack hinunterzulassen, als diese plötzlich immer schneller absinkt.

Ein Stahlseil, das die Plattform halten sollte, wickelt sich mit hoher Geschwindigkeit von der auf dem Kiesschiff stehenden Bobine. Zwar versuchen die Helfer noch, die Bremsen anzuziehen, doch es hilft nichts. Rauch steigt von der Bobine auf, die Bremsen reissen aus und die Rolle dreht sich immer schneller.

Die Helfer packen sich an den Schultern und bringen sich in Sicherheit. Einer schreit: «Achtung, Achtung, sie verreist!» Dann stoppt die Bobine mit einem Ruck und steht bockstill da. Letztlich gibt die Halterung nach, mit einem Knall reisst das Stahlseil schliesslich aus der Rolle. Damit sinkt die Bergeplattform in die Tiefe zum Wrack der «Säntis». Der Schock sitzt bei den Helfern tief in dem Moment, als das Ende des Stahlseils über das Deck in den Bodensee fliegt und versinkt.

Paganini ist am Boden zerstört
An der Bergeplattform ist eine Tauchdrohne befestigt, mit der die Ventile der Hebesäcke kontrolliert gesteuert hätten werden sollen. Der Leiter der Bergemission, Silvan Paganini, hat im Kontrollraum plötzlich kein Signal mehr von der Drohne. Um sich ein Bild der Lage zu machen, kommt er an Deck. «Oh je, das ist jetzt unschön», sagt er und fragt die Crew, ob es ihnen gut geht.

Wenig später taucht Paganini mit der zweiten Drohne zum Wrack hinunter. Dort zeigt sich ein erschütterndes Bild: Die Bergeplattform ist auf das Dampfschiffwrack gekracht und liegt seitlich im Seeboden. An Paganinis Bildschirm zeigt sich nach und nach die Zerstörung: «Es sind Stahlträger gebrochen, Schläuche gequetscht und Ventile abgerissen.» Silvan Paganini kommen die Tränen.

Bremssystem an Stahlseilbobine hat versagt
Unter Wasser ist das Chaos gross: Die Bergeplattform liegt neben dem Wrack und die Tanks, teilweise implodiert auf und neben dem Wrack. Das Stahlseil liegt kreuz und quer in der Tiefe. Wo das Ende ist, ist nicht auszumachen in der Dunkelheit. Paganini sagt niedergeschlagen: «Jetzt müssen wir Schadensbegrenzung betreiben und das Chaos aufräumen, anstatt unser Dampfschiff zu bergen.»

Das Problem sei das Bremssystem der Stahlseilbobine gewesen, welche die Bergeplattform langsam und kontrolliert in die Tiefe hätte lassen sollen, erklärt Paganini: «Wir hatten zwar zwei Bremssysteme an der Bobine, doch hielten sie der Belastung nicht stand. Dann sank die Bergeplattform unkontrolliert in die Tiefe.»

Der Ablauf sah zwar vor, dass die Tanks ab einer gewissen Tiefe mit Luft gefüllt würden – doch war da die Bergeplattform bereits in einer zu grossen Tiefe, was sich über den steigenden Druck auf die Tanks ausgewirkt hat: «Der zu schnell ansteigende Druck liess uns keine Luft mehr in die Tanks pumpen und dann knallte alles in die Tiefe auf das Wrack», sagt Paganini.

«Das war's – das ist das endgültige Ende!»

Frustriert über Kritik
Die Dampfschiffbergung ist am Sonntag live im «Blick TV» gezeigt worden. Der geladene Experte Alain Blumer hat die Geschehnisse kommentiert und eingeordnet. So sagt er im Livestream, dass er die Aktion niemals mit Hebesäcken durchgeführt hätte, sondern mit Litzenhebern – wie es im Laufe des Projekts auch einmal geplant war. Doch sind bei der Crowdfunding-Aktion des Romanshorner Schiffsbergevereins nicht genügend Gelder zusammengekommen, die eine Finanzierung dieser Technik ermöglich hätten. Insgesamt kamen rund 259’073 Franken für die ganze Mission zusammen.

Auch in der Kommentarspalte melden sich schnell Leute, welche die ganze Bergungsmission kritisierten. Silvan Paganini beginnt daraufhin, den Leserinnen und Lesern im Livestream auf ihre Kritik zu antworten: «Wir arbeiten alle freiwillig und geben unser Bestes, dieses Jahrhundertprojekt zum Laufen zu bringen. Freiwillige und Spenden sind jedoch jederzeit willkommen.» Danach wird Paganinis Mikrofon stumm geschaltet.

Auf dem See fühlen viele Bootsbesitzer mit Paganini und der Bergecrew mit. Ein Segler erzählt: «Die Leute, die das Projekt jetzt kritisieren, sollen selber einmal so etwas Grosses versuchen. Wir sind alle sehr stolz auf die Crew, trotz der Niederlage.» Auch zwei Motorboot-Besitzer sind in der Nähe des Wracks auf dem See anzutreffen: «Paganini und seine Leute haben der Schweiz gezeigt, dass sie niemals aufgeben. Sie können es ja in einem Jahr noch einmal probieren?»

Zeit und Geld werden knapp
Die Bergemission für das Dampfschiff wird nun zu einer Bergemission für die Bergeplattform. Die Rückbauarbeiten werden laut Paganini einige Tage in Anspruch nehmen. Dabei wird eine Boje auf dem See angebracht, die von Schiffsradargeräten erfasst werden kann und ein Signallicht hat.

Ob der Verein noch einmal einen Versuch startet, das Wrack zu bergen, ist gemäss Paganini noch völlig offen: «Wir werden wohl vor allem finanziell noch einmal über die Bücher müssen. Uns geht langsam, aber sicher das Geld aus und die Zeit rennt uns davon.» Die Bergemannschaft arbeite komplett ehrenamtlich und auch die Bewilligungsfrist hängt wie ein Damoklesschwert über dem Verein: Der Kanton Thurgau hat dem Verein eine Bewilligung bis Ende August erteilt, um das Schiffswrack zu heben.

Die Bergecrew ist zwar an diesem Sonntag sichtlich niedergeschlagen vom Ausgang der Mission. Dennoch wollen die Mitglieder nicht aufgeben: «Dann holen wir das Zeug halt rauf und machen es noch einmal. Darin haben wir ja Übung», sagt einer der Helfer. Paganini sieht die Mission endgültig gescheitert mit diesem Vorfall. Doch zuerst soll schnellstmöglich das Chaos aufgeräumt werden. Danach will der Verein entscheiden, ob er es noch einmal versuchen will.

Quelle: Thurgauerzeitung, nur für Abonennten der Druckausgabe und ich (Hörbi Brüllmann) habe das ABO der TZ und erlaube mir die Wiedergabe infolge des grossen Interesses!

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